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Rechtsanwaltskanzlei

18. März 2017    Presserecht - BGH zum Auskunftsanspruch eines Journalisten


Journalisten können auch gegenüber einem privatwirtschaftlich organisierten Unternehmen einen presserechtlichen Auskunftsanspruch geltend machen, wenn das Unternehmen von der öffentlichen Hand beherrscht wird. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 16. März 2017 entschieden, dass ein presserechtlicher Auskunftsanspruch auch gegenüber Aktiengesellschaften geltend gemacht werden kann, die im Bereich der Daseinsvorsorge tätig sind und deren Anteile sich mehrheitlich im Eigentum der öffentlichen Hand befinden (Urteil vom 16.03.2017, Az. I ZR 13/16).


Im Fall wollte ein Journalist einem Verdacht auf verdeckte Wahlkampffinanzierung nachgehen und verlangte von einem Unternehmen, einer Aktiengesellschaft, die im Bereich Trinkwasserversorgung, Energieversorgung und Abwasserentsorgung tätig ist und deren Gesellschaftsanteile mehrheitlich von Kommunen gehalten wird, Auskunft über Abschluss, Inhalt, erbrachte Leistungen und Vergütung von Verträgen, die das Unternehmen mit verschiedenen Dienstleistern abgeschlossen hat. Der Journaliste arbeitete an einem Artikel über die Finanzierung des Bundestagswahlkampfs der SPD im Jahr 2013 und früherer Landtagswahlkämpfe der SPD in Nordrhein-Westfalen. In diesem Zusammenhang recherchierte er, ob in den Jahren 2013 und 2010 betriebene Internetblogs, in denen die Wahlkämpfen der SPD unterstützende Beiträge und Dokumente veröffentlicht worden sind, mit öffentlichen Mitteln finanziert wurden.


Eine entsprechende Klage auf Auskunft über bestimmte Aufträge und Vergütungen des öffentlichen Versorgers wies das Landgericht Essen ab. Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm verurteilte die Aktiengesellschaft hingegen zur Auskunftserteilung. Auch der BGH sah das Unternehmen als auskunftspflichtige Behörde im Sinne von § 4 Abs. 1 Landespressegesetz (LPresseG) NRW. Der presserechtliche Begriff der Behörde erfasse auch juristische Personen des Privatrechts, die von der öffentlichen Hand beherrscht und zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben, etwa im Bereich der Daseinsvorsorge, eingesetzt werden. Eine Beherrschung in diesem Sinne sei in der Regel anzunehmen, wenn mehr als die Hälfte der Anteile der privatrechtlichen juristischen Person im Eigentum der öffentlichen Hand stehen.


Zudem bestehe auch kein Auskunftsverweigerungsrecht gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 3 LPresseG NRW. Dem vom Kläger verfolgten Informationsinteresse komme ein größeres Gewicht als dem Interesse der Beklagten und den betroffenen Dienstleistungsunternehmen an der Geheimhaltung der Vertragskonditionen zu. Im Hinblick auf die sachgerechte Verwendung öffentlicher Mittel und die politischen Aktivitäten eines kommunal beherrschten Unternehmens bestehe ein gewichtiges öffentliches Informationsinteresse, so die Urteilsbegründung. Der Auskunftsanspruch umfasst allerdings nur Zeiträume für die ein berechtigtes Informationsinteresse der Presse besteht. Dies sei im vorliegendenden Fall von 2009 bis 2013 gegeben, da in diesem Zeitraum die politischen Blogs betrieben wurden.

 

weiterführende Links:

Pressemitteilumng des Bundesgerichtshofs: Urteil vom 16.03.2017 - I ZR 13/13

Innenministerium NRW: Landespressegesetz Nordrhein-Westfalen

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